Tuesday, May 24, 2011

Richard Baer's Five interrogations

Source:  Frankfurt trial DVD

Comment:  Provided to assist my more misguided friends.  Five interrogations in which Baer provides no details about homicidal gassings with a rather weak exception of the day after his arrest.  The last interrogation was October 1961, there are no further records released until his premature death in June 1963.

Text
 Richterliche Vernehmung des Angeklagten Richard Baer vom 22.12.1960


Amtsgericht, Abteilung 931

Frankfurt am Main, den 22.12.1960

931 Gs 7908/60

Gegenwärtig:
Amtsgerichtsrat Opper
als Richter,

Justizangestellte
Riedmüller
als Urkundsbeamtin der
Geschäftsstelle

Vorgeführt aus der Untersuchungshaftanstalt Frankfurt am Main-Hammelsgasse, erscheint der Beschuldigte Richard Baer.

Der Haftbefehl des Amtgerichts Frankfurt am Main – 931 Gs. 6320/60 – vom 21.10.1960, der dem Beschuldigten durch das Amtsgericht Schwarzenbek am 20.12.1960 bereits verkündet worden ist, wurde dem Beschuldigten erneut mit Beschwerderecht bekanntgegeben.

Dem Beschuldigten wurde außerdem der Beschluß des Amtsgerichts Frankfurt am Main – 931 Gs. 7862/60 verkündet.

Der Beschuldigte wurde gefragt, ob er auf die Beschuldigungen im Haftbefehl etwas erwidern wolle.

Er erklärt, daß er sich nicht im Sinne der Beschuldigungen im Haftbefehl strafbar gemacht habe.

Er erklärt:

Ich bin nur Lagerkommandant im Lager Auschwitz I gewesen. Mit den Teillagern, in denen Vergasungen stattfanden, hatte ich nichts zu tun. Ich habe auch keinen Einfluß auf die Vergasungen selbst gehabt. Die Vergasungen fanden im Lager II statt. Dieses Lager unterstand nicht mir, sondern dem Hauptsturmführer Kramer. Er war zu meiner Zeit Kommandant des Lagers II. Der Evakuierungsmarsch wurde vom Reichssicherheitshauptamt in Berlin angeordnet und unter meiner Leitung, allerdings nur, soweit es sich um das Lager I handelt, durchgeführt. Ich selbst habe nach einigen Stunden des Marsches gesehen, daß das so nicht ging. Es lag viel Schnee, und die Häftlinge waren nicht in der Lage, die vorgesehenen sechs Tage bis ins KL Groß-Rosen zu marschieren. Ich bin dann im Auto vorausgefahren und habe in Ratibor nach mühsamen Verhandlungen mit Beamten der Reichsbahn erreicht, daß ich offene Waggons bekam, mit denen dann die Verlegung zum Bestimmungsort durchgeführt worden ist.


Vorhalt:

Ich habe nicht den Befehl gegeben, daß Häftlinge, die nicht mehr marschieren konnten, zu erschießen seien. Ich habe vielmehr angeordnet, daß diese Leute auf Lastkraftwagen und Sanitätskraftwagen zu verladen seien. Vor dem Abmarsch aus dem Lager habe ich dem Schutzhaftlagerführer befohlen, nur solche Häftlinge auf den Marsch zu schicken, die körperlich in der Lage waren, ihn durchzustehen. Ich habe befohlen, daß die nicht marschfähigen Häftlinge im Lager zurückbleiben.

Vorhalt:

In den wenigen Stunden, in denen ich beim Marsch dabei war, ist niemand erschossen worden.

Der Beschuldigte erklärt, nachdem er belehrt worden ist, daß er jederzeit das Recht habe, Beschwerde einzulegen:

Ich nehme meine zu Protokoll des Amtsgerichts Schwarzenbek am 20.12.1960 eingelegte Beschwerde vorerst zurück, weil dadurch die Ermittlungen zur Zeit verzögert werden.

(Richard Baer) (Opper) (Riedmüller)

 Staatsanwaltschaftliche Vernehmung des Angeklagten Richard Baer vom 29.12.1960


Frankfurt (Main), den 29.12.1960

Der Oberstaatsanwalt
beim Landgericht

4 Js 444/59

Gegenwärtig:

Staatsanwalt Kügler,
Staatsanwalt Vogel
als Vernehmende,
Justizangestellte Bovet
als Protokollführerin.

In der Untersuchungshaftanstalt Frankfurt (Main), Hammelsgasse, vorgeführt erscheint

        der Beschuldigte Richard Baer,
        geboren am 9.9.1911 in Floß/Opf.

und erklärt, mit dem Gegenstand der Vernehmung vertraut gemacht, was folgt:
 Zur Person

Ich wurde am 9.9.1911 in Floß/Opf. geboren. Mein Vater, Karl Baer, betrieb ein Kolonialwarengeschäft und eine Landwirtschaft. Diese Landwirtschaft war meiner Erinnerung nach etwa 8 Hektar groß. Meine Mutter Anna, geborene Meierhöfer, hat in dem Geschäft und in der Landwirtschaft mitgearbeitet. Mein Vater war zum dritten Mal verheiratet. Aus zweiter Ehe habe ich noch zwei Halbgeschwister, Karl und Lina Baer. Mein Vater verstarb 1932, meine Mutter verstarb 1941. Beide starben an natürlichen Todesursachen. Von irgendwelchen besonderen Krankheiten in meiner Familie, insbesondere Geisteskrankheit, ist mir nichts bekannt.

In Floß habe ich 7 Jahre lang die Volksschule besucht. Nach meiner Erinnerung war dies von 1917 bis 1924. Schwierigkeiten hatte ich auf der Schule nicht. Meine Leistungen waren mittelmäßig. Während der Schulzeit war ich Mitglied des örtlichen Turnvereins. Während meiner Schulzeit habe ich in der Landwirtschaft meiner Eltern gearbeitet. Das Kolonialwarengeschäft hatte mein Vater etwa im Jahre 1920, nachdem meine älteste Schwester Berta, die aus der ersten Ehe meines Vaters stammte, verstorben war, aufgegeben. In der Zeit von 1925 bis 1928 habe ich in Weiden das Konditorhandwerk bei dem Konditorei- und Caféhausbesitzer Fritz Stark erlernt. Während dieser Zeit bin ich in Weiden in die Berufschule gegangen. Die Lehre habe ich 1928 mit der Gesellenprüfung, die ich mit ›gut‹ bestand, abgeschlossen. Während dieser Zeit habe ich in Weiden gewohnt.

Nach Beendigung der Lehrzeit war ich etwa 1/2 Jahr in Pirkensee (zwischen Schwandorf und Regensburg) als Konditor in der Lebkuchenfabrik Feldmeier tätig. Dann holte mich der Konditoreibesitzer Stark wieder nach Weiden zurück. Ich arbeitete bis 1931 in seiner Konditorei als Konditor. Anschließend war ich eine Zeitlang arbeitslos. Während dieser Zeit war ich zu Hause in Floß und habe dort mit ausgeholfen. Anschließend gelang es mir, mit einer Unterstützung des Arbeitsamtes zu einer privaten Konditoreifachschule, Adolf Heckmann in Köln, zur weiteren Ausbildung zu kommen. Dort absolvierte ich einen einmonatigen Lehrgang. Anschließend ging ich wieder zur Konditorei Stark nach Weiden zurück. Dort habe ich dann die erworbenen Kenntnisse (Herstellung von Zuckerfiguren) verwerten können. Etwa 1932 verließ ich wegen schlechten Geschäftsganges die Firma Stark und ging zu der Konditorei Hermann Müller in Bayreuth. Dort blieb ich 1/2 Jahr. Es war jedoch keine Stellung, die mir besonders gefiel. Ich nahm daher wieder ein Angebot des Herrn Stark an und ging nach Weiden zurück. Das war Ende 1932. Bei Herrn Stark verblieb ich bis etwa März 1933.

Anfang 1931 starb der Vater meines Schulkameraden Münchmeier, der in Floß eine Gastwirtschaft und eine Schlächterei hatte. Er war Mitglied der NSDAP. Auf der Beerdigung, an der ich teilnahm, sah ich die anderen NSDAP-Mitglieder des Ortes, die mit Fahnen an- und abmarschierten. Dies hat damals auf mich Eindruck gemacht, und ich trat zusammen mit meinem Schulkameraden Münchmeier der NSDAP bei. Wenn mir vorgehalten wird, daß ich nach den Angaben in meinem Lebenslauf am 18.12.1930 in die NSDAP eingetreten bin, so kann das Datum zutreffen. Da ich in Weiden beschäftigt war, habe ich mit den anderen NSDAP-Mitgliedern in Floß keinen näheren Kontakt mehr gehabt. Ich habe mich in der NSDAP nie besonders betätigt und auch keinen Posten innerhalb der Partei gehabt. In Weiden haben mir dann die Gebrüder Liebwein zugeredet, der Allgemeinen SS beizutreten, weil die Gebrüder Liebwein auch der Allgemeinen SS beitreten wollten. Das habe ich dann meiner Erinnerung nach im Juli 1932 auch getan.

Wenn ich nach dem Grund meines Eintritts zur Allgemeinen SS gefragt werde, so möchte ich darauf antworten, daß ich keine besonderen politischen Gründe gehabt habe. Ich kann heute eigentlich gar nicht mehr sagen, was mich dort hingezogen hat. Besonders gefallen hat mir die soldatische Disziplin. Ich hatte Freude am Soldatspielen. Auch war die Allgemeine SS in Weiden kein großer Haufen, sondern damals nur eine Abteilung von 11 oder 12 Mann.

Wir trafen uns jeden Montag oder Dienstag im evangelischen Vereinshaus. Dort war ein Saal, wo wir exerziert und Sport getrieben haben. Mitglied dieser Gruppe war auch der nachmalige Kommandant der Konzentrationslager Neuengamme und Dachau, Martin Weiß. Ich kann mich erinnern, daß er einmal zu einem Schulungslehrgang nach Amberg abkommandiert wurde. Als er zurückkam, hat er uns dann den Parademarsch und ähnliche Dinge beigebracht. Das hat mir damals Spaß gemacht.

Nach einiger Zeit hatten wir dann auch alle eine SS-Uniform. Es traf sich dann, daß wir am Sonnabend und Sonntagen mit dem NSKK auf die Dörfer fuhren und den sogenannten »Rednerschutz« bei politischen Versammlungen stellten. Die politische Lage verschärfte sich damals zusehends.

Damals hatte Herr Stark auch jüdische Kundschaft. Um ihm keine Schwierigkeiten zu bereiten, habe ich beispielsweise die SS-Uniform nie im Geschäft, sondern im Vereinslokal an- und ausgezogen. Ich habe damals und auch später nie persönliche Zusammenstöße mit Juden gehabt. Wenn ich heute gefragt werde, ob ich damals antisemitisch eingestellt war, so möchte ich antworten, daß mir meine Gefühle in der damaligen Zeit heute nicht mehr erinnerlich sind. Geliebt haben werde ich die Juden nicht, denn es ist uns ja schon damals eingebleut worden, daß die Juden unser Unglück sind. Im März 1933 habe ich dann die Arbeit bei Herrn Stark aufgegeben. Es sah so aus, als ob Herr Stark auf eine Kündigung durch mich hinarbeitete. Ich möchte sagen, daß er kein einfacher Chef war. Auch die beiden anderen Konditoren, die er beschäftigte, haben dann beide mit mir gekündigt. Auch ist es so gewesen, daß sich mein Dienst bei der Allgemeinen SS nicht mehr mit meiner Arbeit bei Herrn Stark in Einklang bringen ließ.

Nach meiner Kündigung fuhr ich nach Floß, um mir von dort aus eine neue Arbeit zu suchen. Einige Tage später wurde ich davon benachrichtigt, daß Herr Harbauer in Weiden als Ortsgruppenleiter das Amt des Oberbürgermeisters übernommen habe und daß die Mitglieder der Allgemeinen SS als Hilfspolizisten eingesetzt werden sollten. Daraufhin fuhr ich nach Weiden und habe mich dort bei der Polizeiwache gemeldet. Ich wurde zusammen mit acht anderen Mitgliedern der Allgemeinen SS als Hilfspolizist eingestellt. Wir erhielten weiße Armbinden und begleiteten die Polizeibeamten auf Patrouillengängen. Ich mietete dann in Weiden ein Zimmer und machte bis zum 19.4.1933 Dienst als Hilfspolizist. Dann kam der Befehl, daß ich und noch drei oder vier andere ledige Hilfspolizisten zum Konzentrationslager Dachau abzustellen sind. Am 20.4.1933 kam ich in Dachau an und wurde dort der Wachtruppe zugeteilt.

In Dachau wurde ich dem 3. SS-Wachsturm zugeteilt. Es lagen dort damals 4 Wachstürme. Chef war ein Oberstleutnant der Landespolizei aus München. Die einzelnen Kompanien wurden von Oberwachtmeistern der Landespolizei geführt. Jeder Sturm hatte 14 Tage bis 3 Wochen militärische Ausbildung und wurde dann 8 Tage zum Wachdienst eingesetzt. Bei diesem Wachdienst sind wir vor dem Stacheldraht des Lagers auf und ab gegangen, haben auf Postentürmen gestanden oder Häftlingskommandos zu Außenarbeiten begleitet. In dem KL Dachau selbst war ich niemals, auch später nicht. Der Dienst war sehr streng. Wir wurden von der Landespolizei mächtig geschliffen. Je mehr wir geschliffen wurden, je stolzer waren wir darauf. Bei dem Wachsturm in Dachau war ich etwa 1 bis 11/2 Jahre. Während dieser Zeit wurde ich zum SS-Rottenführer ernannt. Dann wurde ich zusammen mit vier anderen Männern zur Aufstellung des Wachsturmbannes Brandenburg in Oranienburg (Schloß) abgestellt. Ich wurde zum Unterscharführer befördert und in Oranienburg gleich als Zugführer eingesetzt. Die Wachtruppe Brandenburg führte der SS-Obersturmbannführer Lippert, ein ehemaliger Polizeioffizier.

Wir wurden kompanieweise für jeweils 8 Tage als Wachpersonal im Columbia-Haus in Berlin-Tempelhof eingesetzt. Das Columbia-Haus war ein Militärgefängnis, in dem damals die Gestapo ihre Häftlinge untergebracht hatten. Etwa im Jahr 1937 kam ich als Zugführer zur Wachtruppe Brandenburg, die inzwischen nach Sachsenhausen verlegt worden war. Mit dem Konzentrationslager dort hatte ich nichts zu tun gehabt.

1938 kam ich zum 3. SS-Totenkopfsturmbann »Thüringen« nach Buchenwald als Zugführer. Dort habe ich wieder ausgebildet und Leute meines Zuges als Wachposten für das KL Buchenwald gestellt. Es wurde dann ein 3. Bataillon in Buchenwald aufgestellt. Dort wurde ich Kompanieführer und erhielt die 4. sogenannte Polizeiverstärkungskompanie. Es wurden damals schon Reservisten eingezogen, und ich kann mich noch daran erinnern, daß ich in meiner Kompanie viele Akademiker hatte. Diese Leute habe ich ausgebildet. Wir kamen dann auch auf den Truppenübungsplatz in Wildflecken. Im September 1938 wurde ich zum SS-Untersturmführer ernannt. Nach Beendigung der Ausbildungszeit in Wildflecken kam ich nach Buchenwald zurück. Von dort aus mußte turnusmäßig ein Zug zur Bewachung von 100 Häftlingen, die von Sachsenhausen zu einer Ziegelei in Neuengamme abgestellt waren, eingesetzt werden. Ich war mit einem Zug zu diesem Dienst eingeteilt, als gerade der Polenfeldzug ausbrach. Durch den Kriegsausbruch wurde ich in Neuengamme nach Ablauf der üblichen vier Wochen nicht mehr abgelöst.

Ich mußte dann wegen des Kriegsausbruchs bis Mai 1940 in Neuengamme als Chef der Wacheinheit, die zum KL Neuengamme gehörte, bleiben. Man kann nicht sagen, daß es damals in Neuengamme schon ein richtiges KL gab. Es war ein aus Sachsenhausen abgestelltes Arbeitskommando. Während dieser Zeit ist von den Häftlingen, die ich zu bewachen hatte, lediglich ein älterer Häftling gestorben. Wir haben damals den in Neuengamme praktizierenden Arzt Dr. Müller zur Behandlung des Häftlings herangezogen. Der etwa 70 Jahre alte Häftling ist nicht infolge eines Unfalls verstorben. Im Mai 1940 kam ich endlich, nach wiederholten Gesuchen um Abstellung zur Truppe, zur SS-Totenkopfdivision nach Korbach. Die Division war in Dachau aufgestellt worden. Ich wurde dann Zugführer bei dem 9./TJR 2. Ich habe denn den ganzen Westfeldzug mitgemacht und war am Canal Albert, Béthune, Calais und am Canal de La Bassée eingesetzt. Ich gelangte dann an die Westküste Frankreichs bis zur spanischen Grenze. Während dieses Einsatzes zog ich mir bei der Bergung eines Motorrades einen Bruch zu, der dann später operiert wurde. Am 9.11.40 wurde ich zum Obersturmführer befördert.

Nach dem Westfeldzug verblieb ich 1 Jahr bei der Besatzungstruppe in Frankreich. Wir lagen in Biarritz und Dax. Einmal war ich auch für etwa 1/4 Jahr Standortkommandant von Mont-de-Marsan.

Anfang Juni 1941 wurde unsere Division von Frankreich nach Ostpreußen verlegt. Ich machte dann den Rußlandfeldzug bis Oktober/November 1941 mit. Damals wurde ich in der Nähe von Demjansk als Kompaniechef durch einen Oberschenkeldurchschuß verwundet.

Mir wurde der Inhalt des an die Staatsanwaltschaft gerichteten Schreibens des Friedrich Bass vom 21.12.60 vorgelesen. Ich kann mich noch an den Mann erinnern und weiß, daß ich ihn damals geborgen habe. Wegen dieses Verhaltens wurde ich noch von dem Kommandeur gerügt, weil ich hierbei mich und meine Leute gefährdet hatte.

Nach meiner Verwundung kam ich in das Feldlazarett Demjansk. Von hier aus wurde ich nach Hamburg entlassen, wo ich bei meiner zukünftigen Frau wohnte. Am 6.1.42 habe ich geheiratet. Zur Ausheilung meiner Verwundung mußte ich mich einem SS-Arzt unterstellen. Ich habe mich von dem Dr. Wirths, der damals Standortarzt in Neuengamme war, behandeln lassen. Es ist derselbe Mann, der später Standortarzt in Auschwitz war. Ich mußte dann auch auf Anordnung eines anderen SS-Arztes meinen Bruch operieren lassen, den ich mir im Frankreichfeldzug zugezogen hatte. Dies geschah in Hamburg-Bergedorf. Zu dieser Zeit gehörte ich zum Kommandanturstab Neuengamme. Damals war der Weiß, den ich schon von Weiden her kannte, Kommandant. Er wollte mir wegen meiner Teilnahme im Krieg und meiner Verwundung etwas gönnen, und ich gehörte eigentlich nicht zu dem Stab Neuengamme. So habe ich meiner Erinnerung nach nur gelegentlich etwas getan. Insbesondere kann ich mich daran erinnern, daß ich bei der Feuerwehr an der neuen Motorspritze ausgebildet habe. Ich glaube nicht, daß ich dort irgendwelche Arbeit gemacht habe, die von einem Adjutanten des Kommandanten zu erledigen gewesen wäre. Wenn ich mich recht erinnere, war damals Frommhagen Adjutant, der später auch in Auschwitz war, genau weiß ich das aber auch nicht mehr. Nach dem Weggang von Weiß kam der SS-Sturmbannführer Pauly als Kommandant nach Neuengamme. Wenn ich es jetzt nochmals überlege, so scheint es doch so gewesen zu sein, daß Frommhagen damals nicht mehr in Neuengamme war und daß ich die Adjutantengeschäfte für Weiß erledigte und ihn während seiner Abwesenheit vertrat. Andererseits möchte ich aber sagen, daß der Adjutant den Kommandanten nicht vertreten konnte, das war Aufgabe des Schutzhaftlagerführers. Weiß mußte öfters nach Fallersleben, wo er ein neues KL aufbauen sollte. Ich selbst hatte damals auch viel wegen meiner Heirat und wegen der Einrichtung meiner Wohnung in Bergedorf zu tun. Ich wohnte in Bergedorf, Otto-Blöcker-Str. 7 (?). [sic]

Es kann möglich sein, daß ich im November 1942 zum Wirtschaftsverwaltungshauptamt in Berlin versetzt wurde. Ursprünglich sollte ich Adjutant von Höß in Auschwitz werden. Ich fuhr auch nach Auschwitz, wo ich im Hotel der Waffen-SS wohnte. Ich blieb jedoch nur 2-3 Tage dort, da ich von Glücks nach Berlin zurückbeordert wurde, der mir sagte, ich solle Adjutant von SS-Obergruppenführer Pohl werden. Diese Stelle habe ich dann auch angetreten.

Vorgelesen, genehmigt und unterschrieben:
(Richard Baer)

Geschlossen:
(Kügler)
Staatsanwalt Kügler

(Bovet)
Justizangestellte Bovet

(Vogel)
Staatsanwalt Vogel

 Staatsanwaltschaftliche Vernehmung des Angeklagten Richard Baer vom 30.12.1960


Frankfurt (Main), den 30.12.1960

Gegenwärtig:

Staatsanwalt Kügler,
Staatsanwalt Vogel
als Vernehmende,
Justizangestellte Bovet
als Protokollführerin.

In der Untersuchungshaftanstalt Frankfurt (Main), Hammelsgasse,
vorgeführt erscheint

der Beschuldigte Richard Baer,
geboren am 9.9.1911 in Floß/Opf.,

und erklärt in Fortsetzung seiner gestrigen Vernehmung:

Wie ich geschildert habe, ist während meiner Anwesenheit in Neuengamme ein älterer Häftling gestorben. Dies wurde nach Oranienburg gemeldet. Darauf hin erschien am nächsten Tag in meinem Dienstzimmer ein SS-Führer, der die mit dem Tod des Häftlings zusammenhängenden Formalitäten erledigte. Dieser SS-Führer war Höß, den ich damals zum ersten Male sah.

Meine gestrige Vernehmung möchte ich noch wie folgt ergänzen. Nachdem ich von der Front zurückgekommen war, bin ich von Hamburg, und zwar an Weihnachten 1941, nach Floß gefahren. Da inzwischen auch meine Mutter verstorben war, hatte ich dort familiäre Angelegenheiten zu erledigen. Einen Teil des weiter entfernt liegenden Grundbesitzes habe ich damals verkauft und den Kauferlös bei der Bayrischen Vereinsbank in Weiden auf ein Konto eingezahlt. Das Geld liegt heute noch dort.

Als ich einmal besuchsweise in Flossenbürg war, stand dieses KL unter dem Kommando des SS-Sturmbannführers Künstler. Dort sprach ich dann auch mit dem Verwaltungsführer des KL. Auf seine Anregung hin habe ich einen Teil der in Floß liegenden restlichen Ländereien an die Verwaltung des KL Flossenbürg verpachtet. Ich kann mich noch daran erinnern, daß dort u.a. ein Karpfenteich angelegt wurde.

Auf Grund meines in der vorherigen Vernehmung geschilderten Fronteinsatzes habe ich das EK 1, EK 2, das Infanteriesturmabzeichen, die Ostmedaille, Demjanskschild und Verwundetenabzeichen in Schwarz erhalten. Als ich vom Gruppenführer Glücks in Auschwitz angerufen wurde und er mir mitteilte, ich soll mich als Adjutant bei Obergruppenführer Pohl melden, wandte ich ein, ich sei doch Truppier und habe keine ausreichenden Kenntnisse als Verwaltungsführer. Glücks erwiderte, ich sei doch an der Front gewesen und habe die vorgenannten Auszeichnungen erhalten, Pohl suche gerade einen Frontoffizier als Adjutant. So bin ich zu Pohl als Adjutant gekommen. Ich kann mich heute nicht mehr genau daran erinnern, wann ich nach Auschwitz kam. Meiner Erinnerung nach war es im Mai oder Juni 1944. Wenn mir aus den Eintragungen der Führerkartei vorgehalten wird, daß ich vom 13.11.1942 ab als Adjutant bei Pohl war und am 15.5.1944 nach Auschwitz kam, so kann das richtig sein. Ehe ich nach Auschwitz kam, hatte ich einen Urlaub nach Floß angetreten. Dort hielt ich mich auf und erwartete einen Anruf von Höß aus Auschwitz. Dieser Anruf kam auch, und Höß teilte mir mit, daß ich nunmehr nach Auschwitz kommen sollte. In Auschwitz war ich Kommandant des Lagers I und Standortältester.

Zum SS-Hauptsturmführer wurde ich im November 1942 und auf Grund meiner Verdienste bei Pohl zum SS-Sturmbannführer im Juni 1944 befördert.

Auschwitz habe ich nach Beginn der Evakuierung Mitte Januar 1945 verlassen. Ich fuhr dann von Auschwitz im Kraftwagen weg und habe zunächst an verschiedenen Stellen, z.B. in Oppeln und Ratibor versucht, Waggons für den Häftlingsabtransport zu bekommen. Die ersten eintreffenden Häftlingstransporte aus Auschwitz habe ich in dem KL Groß-Rosen erwartet. In Groß-Rosen lag für mich ein Befehl, daß ich mich sofort bei Pohl in Berlin melden sollte. Das habe ich dann getan. Von Pohl erhielt ich dann den Befehl, mich sofort zu dem KL Mittelbau zu begeben. Ende Januar oder Februar, genau weiß ich das nicht mehr, kam ich in Mittelbau an. Dort übernahm ich das Lager als Kommandant. Nachdem sich die militärische Lage immer weiter verschlechterte, kam aus Berlin der Befehl, die Häftlinge des KL Mittelbau nach Oranienburg verbringen zu lassen. Um dieses vorzubereiten, begab ich mich mit dem Schutzhaftlagerführer Hössler im Kraftwagen nach Nordhausen, um dort mit der zuständigen Stelle bei der Reichsbahn zu verhandeln. Als wir gerade in Nordhausen angekommen waren, begann ein Luftangriff auf die Stadt. Ich lief in ein Haus und wurde durch den Explosionsdruck einer Bombe die Treppe hinuntergerissen, so daß ich mir einen Fußknöchel brach. Der Bruch war sehr schmerzhaft. Ich meldete den Unfall sofort nach Berlin. Noch in derselben Nacht kam ein Fernschreiben von Glücks, der mir befahl, mich nach Flossenbürg zu begeben und das Lager Mittelbau an den Schutzhaftlagerführer Hössler zu übergeben. Von Nordhausen wurde ich mit dem Wagen nach Flossenbürg gebracht, dort wurde der Knöchelbruch behandelt und das Bein in Gips gelegt. Anschließend wurde ich mit dem Wagen nach Floß gebracht. Ich wohnte dann bei meinen Schwiegereltern, die wegen der Luftangriffe von Hamburg nach Floß gezogen waren. Meine Frau war damals auch in Floß. Ich erhielt dann Mitte April 1945 den Befehl, mich zum KL Dachau zu begeben. Diesem Befehl habe ich Folge geleistet. Meine Frau begleitete mich zur Pflege, da ich das Bein noch in Gips hatte. Auf Anraten von Pohl begab ich mich nach St. Lambrecht in der Steiermark, wo das Wirtschafts- und Verwaltungshauptamt ein Gut hatte. Dies wurde von dem SS-Standartenführer Ehrhardt geleitet. Dort sollte ich mich auskurieren. In St. Lambrecht erlebte ich dann das Kriegsende. Meine Frau befand sich noch bei mir. Beim Einmarsch der Amerikaner besorgte ich mir Zivilkleidung und humpelte mit meiner Ehefrau durch Österreich in Richtung Floß. Teils gelang es uns, per Anhalter weiterzukommen. Vor Hallein wurde ich das erste Mal von den Amerikanern aufgehalten. Die herumlaufenden Zivilisten wurden alle auf einer Wiese gesammelt, denn wir sollten in Kraftwagen abtransportiert werden. Ich habe mich dann jedoch mit meiner Frau allein wieder auf den Weg gemacht. In der Nähe von Salzburg wurden wir wieder von Amerikanern angehalten. Ich mußte meinen Oberkörper frei machen, und sie haben nach meiner SS-Tätowierung gesucht. Sie konnten die Tätowierung jedoch nicht finden, weil die entsprechende Körperstelle durch die Reibungen des Rucksackriemens verunstaltet war. Wir gelangten dann bis nach Weiden, wo wir bei verschiedenen Leuten, die uns nicht kannten, Unterkunft fanden. Von dort aus ließ ich meine Schwiegereltern in Floß verständigen. Ich habe dann bei verschiedenen Bauern gearbeitet, so auch in der Nähe der österreichischen Grenze, in Niederbayern und in der Nähe von Schwandorf. Meine Frau war immer bei mir. Im Dezember 1945 bin ich mit meiner Frau von Nabburg mit dem Zug über Gießen nach Hamburg gefahren. Meine Frau ging dann nach Hause zu ihrem Vater. Während dieser ganzen Zeit wurde ich unter meinen richtigen Personalien geführt. Bei Nabburg wurde ich von den Amerikanern auch registriert, ebenfalls unter meinem richtigen Namen. Von Hamburg ging ich nach Hohenhorn, wo ich Arbeit bei einem Bauern fand.
 Als ich mich in Nabburg abgemeldet hatte, bekam ich von dem Fräulein, die den Abmeldungszettel ausfüllte, die Abmeldungsquittung unter meinem richtigen Namen, jedoch nur mit Bleistift ausgefüllt. Auf der Reise nach Hamburg habe ich dann die in mir schon lange wache Idee, meinen Namen zu ändern, wie folgt ausgeführt:

Ich habe die Bleistifteintragung auf der mir ausgehändigten Quittung über die Abmeldung ausradiert und den Namen »Karl Neumann, geboren am 11.11.09 in Niederau bei Düren« eingetragen. Ich hatte mir schon vorher überlegt, welche Personalien ich annehmen sollte. Ich dachte mir dabei, daß es nicht günstig sei, einen im Osten liegenden Geburtsort anzugeben; ich befürchtete damals, daß die im Osten geborenen Personen nach dorthin wieder zurück müßten. Auch befürchtete ich, als Ostflüchtling alle möglichen Aussagen machen und Erklärungen abgeben zu müssen. Ich wollte auch keine Entschädigung annehmen. Bei einem Bauern hatte ich mir einmal die nähere Umgebung von Köln auf dem Atlas betrachtet. Dabei ist mir ganz zufällig die Ortschaft Niederau bei Düren ins Auge gefallen. Diesen Ort habe ich dann als meinen falschen Geburtsort gewählt. Ich dachte dabei auch daran, daß dort Kämpfe stattgefunden hatten und möglicherweise die standesamtlichen Unterlagen zerstört worden waren.

So habe ich mich bei dem Bauern in Hohenhorn schon unter dem falschen Namen Karl Neumann angemeldet, das war im Januar 1946. Dort habe ich im Lager gewohnt. Als ich meine Arbeit bei diesem Bauern aufnahm, hatte ich mir zuvor auch in Hamburg auf dem »Schwarzen Markt« einen Entlassungsschein aus englischer Kriegsgefangenschaft auf den Namen Karl Neumann gekauft. Bei diesem Bauern arbeitete ich sechs Monate lang und nahm dann eine Stelle bei der Fürstlich-Bismarckschen Forstverwaltung an, die ich bis zu meiner Verhaftung innehatte. Ich war zunächst Waldarbeiter. In den Jahren 1950/51 habe ich etwa ein halbes Jahr bei der Verwaltung bei der Aufarbeitung von Abrechnungen ausgeholfen. Eine Zeitlang war ich auch im Holzverkauf tätig. Zuvor war ich auch schon eine Zeitlang Haumeister. Als Haumeister verdiente ich jedoch weniger als Waldarbeiter, der im Akkord arbeiten konnte. Ich bin daher später wieder und bis zu meiner Verhaftung als Waldarbeiter (Akkordarbeiter) tätig gewesen.

Im November 1950 bin ich dann in ein einstöckiges Wochenendhaus in Dassendorf, Berottskamp 1, gezogen, das ein schwedischer Kaufmann gepachtet hatte. Ich habe das Grundstück, auf dem das Haus steht, zunächst gepachtet. Im vorigen Jahr hat mein Schwiegervater das Grundstück erworben. Das Haus habe ich auf meinen Namen gekauft, das Geld hierfür bekam ich von meinem Schwiegervater. Als mein Schwiegervater das Grundstück kaufte, hat er auch das Haus von mir gekauft.

Den Personalausweis bekam ich auf Grund der von mir gefälschten Abmeldung aus Nabburg. Den Flüchtlingsausweis bekam ich, weil ich angab, früher in Berlin gewohnt zu haben, was ja auch zutrifft. Irgendeinen Lastenausgleich oder Renten habe ich nie bezogen. Auch Kriegsgefangenenentschädigung habe ich nicht erhalten.

Wenn ich gefragt werde, ob ich in der Zeit von 1945 bis zu meiner Verhaftung mit Leuten, insbesondere ehemaligen Mitgliedern der Waffen-SS, die mich kannten, zusammengekommen bin, so möchte ich auf diese Frage die Aussage verweigern.

Zur Sache möchte ich erst dann Angaben machen, nachdem ich mit einem Verteidiger gesprochen habe. Ich habe noch keinen Rechtsanwalt meines Vertrauens gefunden, hoffe aber, daß mir dies in absehbarer Zeit möglich sein wird.

 Vorgelesen, genehmigt und unterschrieben:
(Richard Baer)

Geschlossen:
(Kügler)
Staatsanwalt Kügler,

(Bovet)
Justizangestellte Bovet,

(Vogel)
Staatsanwalt Vogel

 Richterliche Vernehmung des Angeklagten Richard Baer vom 6.6.1961


Frankfurt (Main), 6. Juni 1961

Amtsgericht

– 932 Gs 1701/61 –

Gegenwärtig:

Amtsgerichtsrat Rieber
als Richter,

Justizangestellter Schweidler
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle.

In der Strafsache
gegen Adolf Eichmann

erschien

1. Herr Erwin S. Shimron als Vertreter des Generalstaatsanwaltes des Staates Israel,

2. Herr Rechtsanwalt Dieter Wechtenbruch, München, als Verteidiger des Angeklagten,

3. Herr Rechtsanwalt Dr. Hermann Stolting II als Verteidiger des nachbenannten Zeugen in seinem eigenen Strafverfahren. Ihm wurde die Anwesenheit in der Zeugenvernehmung gestattet, um bei Erforderlichwerden von Beratungen mit seinem Mandanten informiert zu sein,

4. nachbenannter Zeuge.

Der Zeuge wurde über die Strafbarkeit und Folgen einer vorsätzlichen oder fahrlässigen falschen oder unvollständigen eidlichen und einer vorsätzlichen falschen oder unvollständigen uneidlichen Aussage sowie über die Bedeutung des Eides und darüber, daß er die Auskunft über solche Fragen verweigern könne, die ihn oder Angehörige der Gefahr strafrechtlicher Verfolgung aussetzen können, belehrt und zur Wahrheit ermahnt.

Er erklärte sodann zur Person:

        Ich heiße Richard Baer,
        bin 49 Jahre alt, erlernter Konditor,
        zuletzt tätig als Waldarbeiter,
        wohnhaft in Dassendorf, Kreis Herzogtum
        Lauenburg, zur Zeit in Untersuchungshaft in der
         Haftanstalt Frankfurt (Main),
        Hammelsgasse,

        mit dem Angeklagten nicht verwandt und
        nicht verschwägert.

Zur Sache:

Von etwa Mitte Mai 1944 bis zur Räumung und Auflösung etwa Mitte Januar 1945 war ich Kommandant des Konzentrationslagers Auschwitz I. Auschwitz I umfaßte nur das Lager, das bei der Stadt Auschwitz selbst lag. Ich war also nicht Kommandant sämtlicher zu dem Komplex Auschwitz gehörender Lager, sondern nur Kommandant dieses einen Lagers. Daneben bestanden selbständig zu meiner Zeit die Lager Auschwitz II (Birkenau) unter dem Kommandanten Hauptsturmführer Kramer und Auschwitz III (Monowitz) unter dem Kommandanten Hauptsturmführer Schwarz. Diese Regelung, daß nämlich die genannten drei Lager unter je einem Kommandanten selbständig nebeneinander bestanden, war meines Wissens erst um die Zeit eingeführt worden, in der ich in Auschwitz I Kommandant wurde, jedenfalls nicht erst nach dem Zeitpunkt. Die vor meiner Zeit amtierenden Kommandanten Höß und Liebehenschel hatten meines Wissens noch den Gesamtkomplex unter sich gehabt, jedoch weiß ich das nicht so genau. Mein Rang war SS-Sturmbannführer der Waffen-SS, jedoch war ich erst Hauptsturmführer, als ich die Kommandogeschäfte übernahm. An den jeweiligen Dienstgrad von Höß und Liebehenschel kann ich mich nicht erinnern. Sie waren entweder Sturmbannführer oder Obersturmbannführer. Die von mir genannten Dienstränge von Kramer und Schwarz sind meines Erachtens Waffen- SS-Ränge. Ob die beiden in der Allgemeinen SS einen Dienstrang bekleideten, weiß ich nicht. Ich selbst bekleidete keinen.

Als ich die Kommandogeschäfte übernahm, war Höß da. Höß war aber zu dieser Zeit Amtschef im Wirtschafts- und Verwaltungshauptamt, Amtsgruppe D. Er war nicht mehr Kommandant. Bevor ich gekommen war, war ja Höß nicht mehr Kommandant gewesen, sondern diese Stelle, die Höß früher hatte, hatte dann Liebehenschel angetreten. Liebehenschel war aber bei meinem Amtsantritt nicht zugegen und hat mir die Geschäfte auch nicht übergeben.

Den Angeklagten Eichmann kenne ich nicht. Ich habe mit ihm auch nichts zu tun gehabt. Er war mir auch nicht bekannt als eine Person im Reichssicherheitshauptamt. Weitere Fragen möchte ich nicht beantworten.
Diese Auskunftsverweigerung deckt auch die Beantwortung zu Punkt 3 der mir aus dem Rechtshilfeersuchen vorgelegten Beweisthemen.

Mir sind sämtliche in dem Rechtshilfeersuchen enthaltenen Fragen vorgelesen worden, und über das, was ich bisher gesagt habe, hinaus möchte ich auf die mir vorgelegten Fragen keine Auskunft mehr geben.

Mir ist die Frage vorgelegt worden, ob ich bei meinem Amtsantritt in Auschwitz Lagerhäuser mit Waren und Wertgegenständen vorgefunden habe. Ich wiederhole, daß ich über das von mir bisher Gesagte hinaus keine Auskunft mehr geben möchte.

Vorgelesen, genehmigt und unterschrieben.
(Richard Baer)

Der Zeuge bleibt gemäß § 60 Nr. 3 StPO wegen Beteiligungsverdacht unbeeidigt.

(Schweidler)
Schweidler
Justizangestellter

(Rieber)
Rieber
Amtsgerichtsrat

 Richterliche Vernehmung des Angeklagten Richard Baer vom 10.10.1961


Frankfurt/Main, 10.10.61

Landgericht Frankfurt/Main
Untersuchungsrichter IV

– 4 Js 444/59 –

Gegenwärtig:

Landgerichtsrat Dr. Düx
als Untersuchungsrichter,

Justizangestellter Saam
als UdG.

In der Voruntersuchungssache Baer u.a.
erscheint vorgeführt der Angeschuldigte

Richard Baer.

Der Angeschuldigte erklärte, daß er den Beschluß über die Eröffnung der gerichtlichen Voruntersuchung vom 9.8.61 erhalten habe und mit dem Inhalt sich so vertraut gemacht habe, daß eine nochmalige Verlesung nicht mehr notwendig sei.

Der Angeschuldigte wurde befragt, ob er auf die ihm vorgeworfenen Beschuldigungen nach Maßgabe des Eröffnungsbeschlusses etwas erwidern wolle (§ 136 StPO).

Er erklärte:

Ich werde vorerst keine Erklärung zur Sache abgeben. Unter anderem hat mich zu dieser Haltung bewogen, daß einer der sachbearbeitenden Herren der Staatsanwaltschaft meiner Frau gegenüber erklärt hat, ob ihr bekannt sei, daß ich ein Mörder sei.

Ich habe das inzwischen erfahren. Wenn ich befragt werde, von wem ich das erfahren habe, erwidere ich: erst nach genauer Informationseinholung werde ich mich über diesen Punkt äußern.

Dem Angeschuldigten wurde nun noch einmal vorgehalten, daß eine Reihe von Zeugenaussagen vorliegen, mit denen er, wenn er sich zur Sache einlassen wolle, vertraut gemacht werden könne. Er wiederholte:

Ich bleibe dabei, einstweilen keine Erklärungen abzugeben. In bezug auf seine persönlichen Verhältnisse erklärte der Angeschuldigte, daß er hierzu eingehend durch die Staatsanwaltschaft am 29.12. und 30.12.1960 vernommen worden sei.

Er erklärte weiter:

Die damals von mir gemachten Angaben sind zutreffend.

Dem Angeschuldigten wurden daraufhin seine Einlassungen Blatt 7454-7465 vorgelesen.

Er erklärte:

Die dort von mir gemachten Angaben sind im wesentlichen zutreffend. Ich ergänze bzw. berichtige sie aber wie folgt.

Ich habe in der damaligen Vernehmung zwar wörtlich erklärt:

    »Geliebt haben werde ich die Juden nicht.«

Zu dieser Erklärung kam es aus folgenden Gründen: Der Staatsanwalt Kügler fragte mich:

Waren Sie Antisemit?

 Ich erwiderte:
Nein, ich war kein Antisemit. Die Juden waren mir gleichgültig. Ich habe in der damaligen Zeit sogar ein jüdisches Kino besucht und in jüdischen Geschäften eingekauft. Bei den Geschäftsinhabern handelte es sich um solche Personen, die bei meinem Arbeitgeber Stark Kunden waren.

Sinngemäß habe ich das Herrn Staatsanwalt Kügler damals erklärt. Es wurde aber nicht in das Protokoll aufgenommen, weil es ihm nicht wichtig erschien; das nehme ich jedenfalls an.

Als ich Staatsanwalt Kügler erklärte, daß mir die Juden gleichgültig gewesen seien, sagte er zu mir, daß man mir das nicht gut glauben könne. Er hielt mir das mehrfach vor. Schließlich sagte ich, um Ruhe zu schaffen:

    »Geliebt haben werde ich die Juden nicht.«

Als ich das gesagt hatte, war Staatsanwalt Kügler auch zufrieden.

Wenn ich Bl. 7458 erklärt habe, der etwa 70 Jahre alte Häftling sei nicht infolge eines Unfalls verstorben, so erkläre ich ergänzend noch:

Todesursache war eine Krankheit. Welche Krankheit der Häftling hatte, weiß ich nicht mehr.

Aus meiner Ehe sind keine Kinder hervorgegangen.

Auf Vorhalt der unveröffentlichten Aufzeichnungen von Höß, Anlageband 5:

Meines Erachtens ist aus den Ausführungen zu entnehmen, daß mir Höß unsachlich gegenüberstand.

Ich möchte annehmen, daß er den Eindruck hatte, meine Person hätte ihm seine Rückkehr nach Auschwitz verbaut. Seine Familie wohnte in dem Zeitpunkt, als ich in Auschwitz I Kommandant wurde, immer noch in dem großen Kommandantenhaus.

Im übrigen ist es nicht zutreffend, daß ich mir bei dem Luftangriff auf das KL Mittelbau nur den Fuß verstaucht habe. Ich habe damals bei dem Luftangriff, wie ich es in meiner Vernehmung vom 29./30. Dezember 1960 geschildert, einen Knöchelbruch am Fuß davongetragen. Vor ca. einem Vierteljahr bin ich von einem Staatsanwalt aus Essen, in einem dort anhängigen Verfahren gehört worden. Der vernehmende Staatsanwalt – es handelt sich um Staatsanwalt Steffen – brachte mir anläßlich dieser Vernehmung die Aussage des damaligen Truppenarztes zur Kenntnis, in der dieser bestätigte, daß ich einen Knöchelbruch hatte.

Ich bestreite, mich bei meinem Dienstantritt dem scheidenden Kommandanten Liebehenschel und dessen Ehefrau gegenüber taktlos benommen zu haben. Als ich den Dienst antrat, bin ich den Eheleuten Liebehenschel gar nicht begegnet. Etwa ein 1/2 oder 3/4 Jahr vor meinem Dienstantritt in Auschwitz hatte ich allerdings von Pohl den Auftrag erhalten, Liebehenschel einen persönlichen Brief zu überbringen. Dieser Brief bezog sich auf die beabsichtigte Heirat Liebehenschels. In dem Brief waren Bedenken gegen die Person der Ehefrau geäußert worden. Die Bedenken bestanden darin, daß die spätere Frau Liebehenschel ein Verhältnis mit einem Juden gehabt haben sollte. Bei der Briefüberbringung habe ich mich mit Liebehenschel zusammengesetzt und habe ihm in kameradschaftlicher Form den Inhalt des Briefes erläutert, d.h. ich habe ihn auf den Inhalt des Briefes vorbereitet. Pohl hatte mich beauftragt, dieses kameradschaftliche Gespräch mit Liebehenschel zu führen.
 v.g.u.

(Dr. Düx) (Richard Baer) (Saam)
 

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